Es sind immer wieder diese magischen runden Geburtstage, welchen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Bis es bei mir soweit ist, werden noch Wochen vergehen, dennoch wird mir die Frage nun immer häufiger gestellt, ob ich mich darauf freue oder mir langsam die Angst vorm altern den Nacken hochsteigt.
Nun – wenn ich von den körperlichen Veränderungen, den Spuren des Lebens absehe, fühle ich mich in meiner gottgegebenen Hülle pudelwohl. Das wäre die Kurzfassung meiner Antwort auf diese Frage. Während ich jedoch diese Frage wirken lasse, gerate ich genau hier ins stocken.
Meine x-mal geschriebenen Satzanfänge löschte ich wieder und starrte auf den Bildschirm. Verdammt noch mal! Was ist es, was mich hemmt weiterzuschreiben?
Bisher ging ich davon aus, das mich dieses Thema nicht berührt. Wenn ich jedoch ehrlich bin, merke ich, das es mir nicht leicht fällt, meine Gedankengänge zu dieser Frage offen und ehrlich zu beantworten.
Ich habe keine Angst vor dem Alter, aber tief in mir drin spüre ich eine gewisse Trauer. Ich bin traurig, das die letzten fünf Jahrzehnte einfach so gefühlt verflogen sind.
600 Monate kostbare Lebenszeit!
Von denen ich mich, fast auf den Tag genau, mit 390 Monaten Kindererziehung und deren Betreuung befasste. Ich durfte 3 charakterstarke Männer heiraten, welche mich prägten.
Durfte einige Berufserfahrungen sammeln, 3 Häuser bauen und jedes Mal wieder von Null an durchstarten. Ich weiß mittlerweile die Höhen des Lebens zu schätzen, da ich auch durch einige dunkle Täler rennen musste. Hie wähle ich bewusst das Wort „rennen“, denn ich ergriff immer die Flucht nach vorne, wenn es für mich zu eng wurde.
Ich versteckte mich häufig hinter neuen Aufgaben und lebte in geistigen Höhenflügen, weil mir das Leben in einem biederen Alltag einfach zu langweilig erschien.
Ich hatte das Glück niemals alleine zu sein und wüsste auch nicht, wie sich dies anfühlen würde. Aus diesem Grund genieße ich wahrscheinlich auch die seltenen Stunden der Einsamkeit.
Vor einiger Zeit wurde ich gefragt, ob ich noch immer vor irgendetwas davon laufen würde, weil ich neben meinem Vollzeitjob und meiner Familie zeitaufwendigen Hobbys, wie der Imkerei und dem Schreiben nachgehe.
Ja – vielleicht ist das so – kann sein.
Ich bin jedenfalls eher rast- und ruhelos und kann nicht wirklich still sitzen. Das hat sich in all den Jahren meines Lebens nicht geändert und würde meine Mutter noch leben, dürfte ich mir von ihr heute noch immer anhören, das ich mich doch endlich mal hinsetzen soll. In Gedanken höre ich sie rufen: „Kind – nun gib doch endlich mal Ruhe!“
„Ruhe geben“ wäre jedoch eine Strafe für mich. Nichts unternehmen zu dürfen, mich selbst einzuengen, zu bremsen oder übermäßig vorsichtig zu sein, glichen einer Art Seelengefängnis. Solange ich frei denken, handeln und Pläne umsetzen darf, nehme ich am Leben teil.
Mit dem älter werden schleichen sich früher oder später körperliche, wie auch geistige Einschränkungen ein. Mit jedem weiteren Defizit wird uns gezeigt, das nichts auf Dauer hält, geschweige denn auf ewig bestehen bleiben darf.
Ab dem Alter von zehn Jahren strebte ich immer danach, schnell älter zu werden, um mitreden zu dürfen. Als Nesthäkchen der Familie hasste ich die Tatsache, immer die Jüngste sein zu müssen und vom Leben keine Ahnung haben zu dürfen, wegen meiner Ansichten belächelt zu werden. Mein innerer Kampfgeist wurde dadurch stets angetrieben, es allen zu zeigen und mich zu beweisen.
Es vergingen Jahrzehnte, bis ich erkannte, das es nicht wichtig ist, was die anderen über mich denken. Sich für andere zu verbiegen und ihnen gefallen zu wollen, ist verschenkte Lebensenergie.
Um nun noch einmal auf die Frage zurück zu kommen …
Ja, ich habe Angst vor den Begleiterscheinungen des Alters. Ich habe Angst davor, irgendwann nicht mehr durch die Gegend wirbeln zu können. Und ich weiß heute schon, das es mir unglaublich schwer fallen wird, die Altersbremse zu akzeptieren.
Wenn meine Zeit reif ist, wünsche ich mir liebevolle Menschen um mich herum. Menschen, die erkennen, das jeder alte Mensch eine wertvolle Geschichte in sich trägt. Menschen, die respekt- und würdevoll mit den Merkmalen des Alters umgehen und darauf angemessen eingehen können.
Und Menschen, die mir das Gefühl geben, noch wichtig für diese Welt zu sein, die mich behutsam bremsen, falls ich mich in Gefahr bringen könnte.
Ich hoffe sehr, das ich mir meine positive Lebenseinstellung bis zum Schluss erhalte und keinem auf den Wecker falle.
Bis dahin vergehen hoffentlich noch viele Jahre. Jahre in denen ich Vieles lernen und erfahren darf. Und Jahre, die mir Zeit geben, mich auf das alt werden vorzubereiten.
Bis dahin gilt für mich das Motto:
Hier bin ich, hier bleibe ich und hier darf ich sein.
In meiner Welt bin ich angekommen und ich werde diese weiterhin in vollen Zügen genießen!
Wie geht es dir bei dieser Frage? Hast DU Angst davor, alt zu werden?