Gefühlsduselei?!

Eigentlich sollte ich schon seit einer halben Stunde wieder zurück sein. Ich war mal wieder spät dran…

Ich fuhr durch unsere Dreißigerzone und bemerkte im rechten Augenwinkel das leuchtende Rot. Ich zögerte kurz, fuhr vorbei und entschloss mich dann, trotz meines Zeitmangels zu wenden. „Nur ein Foto – das kostet mich etwa drei Minuten – das ist noch drin!“, dachte ich, bevor ich ausstieg.

Diese Mohnblumen gehören zu meinen wilden Lieblingsblumen. Sie kündigen den baldigen Sommer an, sind unglaublich filigran, empfindsam und strahlen für mich unglaublich viel aus. Heute möchte ich nicht darüber schreiben, wie wichtig wilde Blumenwiesen und Blühstreifen für unserer Insektenwelt sind, sondern meine persönliche Verbindung zu diesen Blüten beschreiben.

Als Kind pflückte ich freudestrahlend einen kleinen Mohnblumenstrauß für meine Mutter. Doch als ich ihr diesen übergab, stellte ich fest, das alle Blüten ihre Köpfe hängen ließen und sie sich auch in der Vase nicht wieder erholten. Meine Mama erklärte mir liebevoll, das diese Blüten auf den Wiesen schöner aussehen würden und sie einfach nicht für Blumenvasen geeignet sind und ich doch auch andere Blumen pflücken könnte, worüber sie sich freuen würde.

Immer, wenn ich diese Pflanzenart bewundere, denke ich an diese Episode aus meiner Kindheit zurück.

Ich persönlich sehe diese Blüte als Metapher der Liebe und wenn du Lust hast, etwas tiefer einzutauchen, lade ich dich herzlich ein weiterzulesen…

Ihre leuchtend rote Farbe fasziniert und betört.
Sie begeistert dich und lässt dich nicht los.
Ihre zarten Blütenblätter schwingen sanft im Wind und tänzeln dahin.
Du hältst den Atem an und wünschst dir, das es nie vergeht.
Du möchtest sie festhalten.
Du möchtest sie besitzen.
Du willst sie immer um dich haben, sie konservieren und ewig am Leben erhalten.
Sie behüten und beschützen.
Sie hegen und pflegen und ihre Nähe genießen.
Doch wenn es um sie herum bald kühler wird, zieht sie sich zurück, indem sie sich verschließt.
Das sanfte streicheln warmer Sonnenstrahlen lässt sie erneut erwachen.
Doch Trockenheit, Sturm oder Starkregen verletzt sie mehr und mehr und wenn du sie entwurzelst, ist das früher oder später ihr sicherer Tod.
Sie sehnt sich nach Wärme.
Sie sehnt sich nach Licht.
Sie sehnt sich nach nährender Zuwendung.
Sei dir bewusst, das sie dich nicht ständig mit ihrem strahlenden Antlitz beglückt.
Dies ist immer zeitlich begrenzt.
Drum genieße den Augenblick ihres Seins und schätze den Moment.
Nehme die trockenen Zeiten als gegeben hin und vergiss sie nicht.
Schenke ihr Geduld, Raum und Zeit.
Schaffe Platz für neue Früchte und verliere keinesfalls die Hoffnung.
Sie wird immer wieder blühen – mal mehr – mal weniger.
Solange wir sie achten, schätzen und uns ihrer Empfindsamkeit bewusst sind, wird sie immer wieder zurückkehren und erneut aufblühen.

Gefühlsduselei?

Ja, vielleicht ein wenig.

Doch – was wäre die Liebe ohne ein wenig Romantik?
Oder – was wäre die Sehnsucht ohne ein tiefes Gefühl?
Was wäre das Verlangen ohne Hingabe?
Oder die Trauer ohne Tränen?

Für mich gehören all diese Emotionen zu einer Liebesbeziehung.
Liebe lässt dich schweben, lachen, weinen, leiden, sogar toben oder wüten und ihr größter Feind ist die Trockenheit des Alltages durch den wir uns aktuell hindurch kämpfen.

Heute musste ich schreiben, denn so finde ich zu mir und meinen Empfindungen zurück. Es ist höchste Zeit, den Alltag mal kurz vor die Tür zu sperren und sich der sanften Blütenpflege zu widmen.

In diesem Sinne wünsche ich euch einen wunderschönen, sonnigen und „LIEBEvollen“ Sonntag !