Abschiedsbrief vom Weihnachtsmann

„Mami, ich hab das Glöckchen gehört! Mami, Papi – kommt schnell! Es hat geklopft – da schon wieder- das Glöckchen!“ riefen unsere Jüngsten und rannten aufgeregt durchs Zimmer.

warten

Mit leuchtenden Augen und hochroten Wangen liefen sie zur Tür, um durch den Glasausschnitt der Eingangstür zu spitzen, wer denn da so laut geklopft hatte.

„Schau mal da – ein roter Mantel! Er ist doch gekommen, Mami! Er ist da!“ rief mein Kleinster hocherfreut und öffnete die Tür.

Der Weihnachtsmann kam noch einmal persönlich vorbei und erfreute meine, damals sechs und acht jährigen Söhne unglaublich, da beide die ersten Erfahrungen von ungläubigen, skeptischen und Aufklärungsarbeit leistenden Mitschülern erleben durften und diese noch energisch verteidigten.

Unser Weihnachtsmärchen durfte noch einmal aufblühen und alle Familienherzen erfreuen. Wie wird es in den nächsten Jahren werden?, dachte ich bei mir. Wie lange werden wir diese Erlebnisse noch Aufrecht erhalten können?

Die Weihnachtsstube meiner Kindheit blieb bis zum Augenblick der frühabendlichen Bescherung fest verschlossen und wir alle mussten warten, bis das Glöckchen klingelte. Allerdings durften wir hin und wieder durchs Schlüsselloch spitzen, um das Licht des Engelscheins zu sehen. Den geschmückten und erleuchteten Weihnachtsbaum erblickten wir in jenem Augenblick zum ersten Mal. Jedes Jahr wurde dieses Weihnachtsritual auf diese Weise gelebt und endete mit dem Auszug meines Vaters und natürlich auch mit dem heranwachsen meiner Geschwister und mir.

Vor zwei Jahren hüpfte mein mütterliches Herz vor Freude, denn ich durfte alle meine Kinder mit Partner und dessen Mutter um mich scharen und ein richtig großes Fest feiern. Ich fühlte mich vollständig, denn alle waren heimgekehrt.

Ich übe mich aktuell wieder im loslassen, denn es ist wichtig das jedes Kind seine eigenen Vorstellungen vom Leben umsetzen darf und das niemand sich gezwungen fühlt, nur dem anderen Zuliebe etwas zu unternehmen.

Wenn sie uns besuchen kommen, sollen sie von ihren Herzen aus den Weg finden, nicht deswegen, weil es nun mal in den Weihnachtsfeiertagen so ist und eingefordert wird. Das sie am Heiligen Abend nicht persönlich anwesend sein werden, bedeutet nicht, das sie für immer verschwunden sind.

In unseren Herzen bleiben wir für immer verbunden. Genauso wie auch der Weihnachtsmann mit allen gläubigen Menschen auf geheimnisvolle Art und Weise verbunden ist.

Denn er hat sich bei meinen Kindern vor zwei Jahren mit einem Brief verabschiedet. Jeder meiner Söhne erhielt diesen Brief. Diese lagen am frühen Abend vor unserer Haustür und die Zeit, als meine Jungs die Briefe lasen, nutzte er dafür, um all seine auf dem Schlitten geladenen Geschenke vor unserer Haustüre abzulegen.

Alles war wie immer. Nur mit dem Unterschied, das er nicht leibhaftig vor den Jungs stand. Er erklärte in seinen Briefen, das es auf unserer Erde, von Jahr zu Jahr, immer mehr Menschen gibt und die Kinderschar wächst. Und das er es langsam nicht mehr schafft, bei jedem einzelnen persönlich vorbei zu kommen. In seinem Brief lobte er unsere Söhne für tolle Ereignisse des letzten Jahres und wies ihnen den weiteren Weg fürs kommende Jahr mit weisen Weihnachtsmannratschlägen.

Unsere Kinder waren so ergriffen von der Tatsache, einen Brief von ihm in den Händen halten zu dürfen und gleichzeitig stimmte es sie jedoch auch traurig, das er nicht mehr kommen würde, weil er sich ab sofort um die kleinen Kinder kümmern müsse. Für sie bedeutete es einen sanften Ausstieg aus der Weihnachtsmanngeschichte. Und für mich einen weiteren Abschied von geliebten Ritualen.

Ich freue mich sehr auf das morgige Fest – zu viert.

Und wer weiß, wie die Feste der Zukunft aussehen werden. Ich bin mir sicher, das wir irgendwann in unserem Wohnzimmer umbauen müssen, um alle an einen Tisch zu bekommen.

Bis dahin genieße ich die Momente und Vorzüge einer kleinen Familienrunde.

Ich wünsche euch, egal an welchem Ort ihr euch befindet und mit wem ihr feiern werdet, ein fröhliches und besinnliches Fest, gefüllt mit Liebe und Harmonie!

Eure mum and more