Die Liebe (oder das Verhängnis) zum Detail

Es ist wieder Wochenende – es ist Sonntag! Und ich freue mich, wie immer, auf ein harmonisches Frühstück mit meinen Lieben.

Gerne stehe ich etwas früher auf, um liebevoll die gestrigen Einkäufe aus unserem Kühlschrank heraus zu suchen und anzurichten. Während meine drei Männer noch andere, wichtige Dinge zu erledigen haben, drapiere ich die Lieblingsspeisen der Familie auf verschiedene Teller und Schüsseln. Mein Zehnjähriger schleicht immer wieder um mich herum und hält das Warten kaum noch aus. Er ist immer der Erste bei uns, der kurz vor dem Verhungern ist. Sein Gute-Laune-Pegel sinkt mit jeder Minute, die ich länger für die Vorbereitungen benötige. Meinen anderen beiden stört das Warten nicht. Sie gehören eigentlich zu den Menschen, die nicht unbedingt frühstücken müssten. Ihr Hungergefühl erwacht erst später.

Vielleicht schwebt in euren Gedanken beim Lesen bereits die Frage, warum denn keiner dabei hilft? Nun ja – ich bin in dieser Situation keine einfache Person. Zumindest nicht sonntags oder bei wichtigen Festen, wenn sich in meinem Kopf das Bild, eines perfekt gedeckten Tisches eingebrannt hat. Mit der Zeit haben alle Familienmitglieder ihre Erfahrungen mit meinem „kleinen Tick“ gesammelt. Sie wissen, das auf die Frage, ob sie mich unterstützen dürfen, meistens ein „Nein – lieb von dir….“ folgt.

Wenn ich mich darauf eingelassen habe, das sich die Vorbereitungen meiner sonntäglichen Lieblingsmahlzeit zu einem Selbstläufer entwickeln, sitze ich etwas verwirrt an einem Tisch, auf dem sich sämtliche Utensilien des Kühlschranks, in einer meist hässlichen Verpackung, neben und übereinander stapeln. Ob das Geschirr auf dem Tisch nun zusammen passt oder nicht, ist ebenfalls nebensächlich. Ich gehe davon aus, das es den meisten meiner Lieblingsmenschen im Grunde nicht ganz so wichtig ist, in welcher Form Mahlzeiten eingenommen werden und sie sich auf dieses Wochenendritual, mir zu Liebe einlassen. Hauptsache, das Grundbedürfnis Hunger wird gestillt.

Wenn wir es gemeinsam geschafft haben, unsere Frühstückszeit ohne empfindliche, weitere Störungen der jeweiligen Harmoniebedürfnisse zu überstehen, könnte ich stundenlang an diesem Tisch sitzen bleiben.

Selbst wenn ich schon meine Portion verzehrt habe, nasche ich Stückchen meines Lieblingskäse von der Theke, schiebe mir die kernlosen Weintrauben oder Oliven in den Mund oder koste eine Scheibe von der mit Parmesan ummantelten Salami. Oder ich lasse mich dann doch noch zu einem süßen Abschluss mit selbstgemachter Marmelade hinreißen. So kommt es vor, das ich um die Mittagszeit immer noch auf meinem Stuhl sitze und so unser Mittagessen auf den Nachmittag verschoben wird. Das verstehe ich unter einem perfekten Sonntag. So läuft es allerdings nur selten ab, denn meistens stehen noch andere Prioritäten an…

Stehen bei uns Familienfeste oder Partys an, bin ich total in meinem Element. Ich liebe es, alles zu organisieren und umzusetzen. Mein geliebter Mann schlägt bereits in der Planungsphase die Hände über dem Kopf zusammen. Schließlich weiß er genau, das er mich – „DEN UNRUHEGEIST“ – um sich haben wird, welcher erst glücklich ist, wenn alles so wird, wie ich es mir in den Kopf gesetzt habe. Ich liebe ihn für seine Geduld mit mir. Ich bin mir bewusst, wie nervend ich sein kann.

Und meinen erwachsenen Kindern möchte ich an dieser Stelle sagen: „Ich blühe auf, wenn ich euch zu besonderen Anlässen verwöhnen darf. Deswegen betreibe ich diesen Aufwand. Wenn ich auch weiß, das ihr diese seltenen Momente des Beisammenseins lieber mit wertvollen Gesprächen verbringen würdet. Beides gehört doch zusammen!“